Folgender Fall wurde durch den BGH nunmehr entschieden:
Der antragstellende Kreis macht aus übergegangenem Recht (wegen der erbrachten Sozialhilfeleistungen) Elternunterhaltsansprüche gegen den Sohn einer im Pflegeheim untergebracht gewesenen Mutter geltend.
Der Sohn wohnt mit seiner Ehefrau in einer abbezahlten Eigentumswohnung.
Der nach Auffassung des Kreises zum Elternunterhalt verpflichtete Sohn befindet sich bereits selbst im Rentenalter, auch dessen Ehefrau ist bereits Rentnerin. Der Sohn ist nur in geringem Umfang in der Lage, aus seiner Rente und dem so genannten Wohnwertvorteil (der ersparten Miete für seine abbezahlte Eigentumswohnung) Elternunterhalt zu zahlen
Der Kreis, der den Sohn auf Unterhalt in Anspruch nimmt, hat sich jetzt etwas besonders Spitzfindiges ausgedacht:
Der Sohn und dessen Ehefrau haben nämlich die von ihnen bewohnte Eigentumswohnung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge bereits auf die eigenen Kinder übertragen in Form einer Schenkung. Sie hatten sich bei dieser Schenkung allerdings den so genannten Nießbrauch vorbehalten, dürfen die Eigentumswohnung also selbst nutzen bzw. im Fall einer Fremdnutzung stünde ihnen die Miete daraus zu.
Der antragstellende Kreis vertritt jetzt die Auffassung, durch die Schenkung an die eigenen Kinder habe der unterhaltspflichtige Sohn zu erkennen gegeben, dass er das Vermögen nicht mehr benötige.
Er sei nunmehr verpflichtet, die Schenkung zu widerrufen (also zurückzufordern) und könne dann aus dem so zufließenden Vermögen in Form des Wertes der Eigentumswohnung weitergehenden Unterhalt für seine bedürftige Mutter bezahlen.
Das erstinstanzliche Amtsgericht Unna hatte diesen kniffligen Weg bereits nicht mitgemacht, das Oberlandesgericht Hamm hatte ebenfalls einen Anspruch auf Vermögensverwertung (Rückforderung der Schenkung) verneint. Der Kreis war dagegen in die Revision zum BGH gegangen. Der BGH stellte nun Folgendes fest:
Das Oberlandesgericht hat eine Obliegenheit des Sohnes, den Unterhalt teilweise aus Vermögen zu leisten, zutreffend abgelehnt.
Richtig ist zwar, dass der Rückforderungsanspruch nach § 528 Abs. 1 BGB zum einsetzbaren Vermögen des Unterhaltsschuldners gehört. Sinn und Zweck des Anspruchs ist es aber, dem Schenker zu erlauben, mithilfe des zurückgewährten Gegenstandes seinen eigenen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen.
Genau dies würde jedoch bei einer Rückforderung der Schenkung durch den Sohn von seinen eigenen Kinder nicht erfolgen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn durch die Rückgewähr des geschenkten Vermögensgegenstandes eine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit erstmals hergestellt oder gesteigert werden würde.
Danach fehlt es nach Auffassung des BGH bereits an den Voraussetzungen für eine Schenkungsrückforderung.
Zum einen hat die infolge der Schenkung an die eigenen Kinder veränderte Vermögenslage zu keiner tatsächlichen Beeinträchtigung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Sohnes geführt, denn für die nach wie vor gegebene Nutzung der Eigentumswohnung wird ihm ein sogenannter „Wohnwertvorteil“ zugerechnet.
Die selbstgenutzte Immobilie müsste der Sohn aber auch für den Elternunterhalt nicht veräußern, es würde ihm also auch im Fall der Rückforderung nur praktisch „totes Kapital“ zufließen.
Der BGH kommt dann weiter zu dem Ergebnis, dass mit dem Ziel der Erhöhung des Elternunterhalts die Rückforderung der Eigentumswohnung ebenso wenig verlangt werden kann wie durch eine Beleihung der Immobilie mithilfe eines zinslosen und erst im Todesfall – von den Erben des Unterhaltspflichtigen – rückzahlbaren Darlehens des Sozialhilfeträgers, was ebenfalls vom Kreis überlegt worden war, denn so würde die selbstgenutzte Immobilie, die aber grundsätzlich nicht für den Elternunterhalt eingesetzt werden muss, durch einen „Kunstgriff“ für den Elternunterhalt einsetzbar gemacht.
Dies steht nach Auffassung des BGH im Widerspruch zu dem Zweck der Rückforderung der Schenkung, denn die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist durch die Schenkung nicht beeinträchtigt worden und der Schenkende ist nach wie vor auf die Nutzung der Immobilie angewiesen.
Von daher konnte es der BGH auch offen lassen, ob die zusätzlich zu prüfende Frage der Gleichzeitigkeit von Unterhaltsbedürftigkeit und Leistungsfähigkeit in einem solchen Fall überhaupt noch bejaht werden kann.
Fazit der Entscheidung ist, dass der Sohn weiterhin in der Immobilie wohnen darf, die Schenkung von seinem Kind nicht zurückgefordert werden kann und für Elternunterhaltszwecke nur der Nutzungsvorteil, also die ersparte Miete, einkommenserhöhend herangezogen werden kann.
Es zeigt sich wieder einmal, dass es sich durchaus lohnt, die Beantwortung der teilweise schwierigen Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Elternunterhalt nicht ungeprüft hinzunehmen und vermeintlich berechtige Forderungen des Sozialamtes zu akzeptieren!
Selbst wenn Sie aufgrund der durch die Sozialämter häufiger vertretenen – falschen – Auffassung zwischenzeitlich Elternunterhalt zahlen oder sich verpflichtet haben, eine entsprechendes Darlehen zu akzeptieren, besteht jetzt möglicherweise die Gelegenheit, eine solche Verpflichtung überprüfen zu lassen.
Vereinbaren Sie dann umgehend einen Besprechungstermin bei uns im Hause.