Elternunterhalt, Schonvermögen, Notgroschen und selbstgenutztes Wohneigentum

Der Bundesgerichtshof beurteilte in einer aktuellen Entscheidung vom 7. August 2013 erneut Fragen des Elternunterhaltes.  Und er sorgte erneut für einige interessante Klarstellungen:

Ausgangslage:

Die Mutter des Antragsgegners lebt in einem Altenpflegeheim. Weil deren Einkommen nicht ausreicht, um die dort entstehenden Kosten zu decken, erhält sie ergänzende Sozialhilfe. Der Sozialhilfeträger leitete die insoweitigen Unterhaltsansprüche, unter anderen gegen den Sohn, den Antragsgegner, auf sich über und verlangte für einen bestimmten Zeitraum die Zahlung von insgesamt 17.014,68 € vom Antragsgegner.

Das Amtsgericht verurteilte den Antragsgegner teilweise, das Oberlandesgericht wies die Klage insgesamt wegen vermeintlicher Leistungsunfähigkeit des Antragsgegners ab. Auf die Rechtsbeschwerde musste nunmehr der BGH entscheiden.

Rechtliche Bewertung:

Der BGH kritisierte zunächst die Einkommensermittlung des OLG.

Der Antragsgegner verdient bereinigt monatlich ca. 1.121,00 € netto und wohnt mietfrei in einer Eigentumswohnung, die ihm allein gehört. Dafür ist der Vorteil der ersparten Miete unter Berücksichtigung der tatsächlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse einkommenserhöhend anzusetzen, nicht aber eine objektive Marktmiete. Diese beträgt nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Oberlandesgerichts 339,02 €, so dass der Antragsgegner in den Jahren 2008 ff. ca. 1.460,00 € monatlich zur Verfügung hatte.

Damit wäre der Antragsgegner in den Jahren 2008-2010 rechnerisch hinsichtlich des Elternunterhaltes leistungsfähig gewesen, da der Selbstbehalt sich auf 1.400,00 € belief und sein Einkommen diesen Selbstbehalt überstieg.

Der Antragsgegner hatte allerdings geltend gemacht, dass er monatlich 67,02 € aufwende, um seine Mutter im Pflegeheim zu besuchen. Dies hatte das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen, weil es – unzutreffend – einen höheren Selbstbehalt angenommen hatte. Derartige Kosten sind aber nach der neuesten Rechtsprechung des BGH berücksichtigungsfähig.

Der Bundesgerichtshof weist dann aber weiter daraufhin, dass der Antragsgegner auch aus seinem Vermögen Unterhalt schulde und insoweit auch den so genannten Stamm seines Vermögens – nach Billigkeitsgesichtspunkten – einsetzen müsse. Einschränkungen ergeben sich daraus, dass der Unterhaltsschuldner seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht.

Zu diesem eigenen Unterhalt seien auch Leistungen für eine angemessene Altersversorgung zu rechnen, neben der primären Altersversorgung Ihnen auch solche einer zusätzlichen Altersversorgung.

Der Bundesgerichtshof billigte darüber hinaus auch ausdrücklich, dass für die Berechnung des so genannten Altersvorsorgevermögens auf den Zeitpunkt des Beginns  der Erwerbstätigkeit des Antragsgegners abgestellt wird. Allerdings hat das Berufungsgericht das Altersvorsorgevermögen bis zum Jahr 2011 ermittelt, während es nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nur bis zu dem Zeitpunkt zu ermitteln ist, in dem er wegen des Elternunterhalt in Anspruch genommen wird.

Der Bundesgerichtshof führt dann weiter aus, dass das Altersvorsorgevermögen wie bisher mit 5 % des Bruttolohns bei einer jährlichen Kapitalverzinsung von 4 % zu berechnen sei, allerdings bezogen auf die Berufsjahre seit Aufnahme der Erwerbstätigkeit  bis zur Inanspruchnahme auf Elternunterhalt. Dieses so errechnete Vermögen ist dann als Alterssicherung dem Zugriff eines Unterhaltsgläubigers entzogen, um den Zweck der Alterssicherung erreichen zu können, soweit der Betrag dafür tatsächlich erforderlich ist.

Erfreulicherweise stellt der Bundesgerichtshof dann weiter klar, das selbstgenutztes Immobilieneigentum im Rahmen der Vermögensbewertung insgesamt unberücksichtigt bleiben kann, wenn es sich um ein den jeweiligen Verhältnissen angemessenes Wohneigentum handelt. Der Unterhaltspflichtige braucht bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt keine spürbare und dauerhafte Senkung seines berufs-und einkommenstypischen Lebensstandards hinzunehmen.

Ergänzend stellt der Bundesgerichtshof dann auch klar, dass auch dem Unterhaltspflichtigen ein so genannter „Notgroschen“zuzu billigen ist, um auf unvorhergesehene Problematiken angemessen reagieren zu können. Der Bundesgerichtshof wendet sich aber gegen eine pauschalierter Betrachtung, stellt aber klar, dass der Notgroschen höher sein muss, als der Betrag, der dem Unterhaltsberechtigten unangetastet verbleiben muss. Im Rahmen einer Einzelfallabwägung werden hier 10.000,00 € zugebilligt.

Da das Berufungsgericht die Einkommenssituation und das Altersvorsorgevermögen nicht zutreffend ermittelt hatte, wurde der Rechtsstreit noch einmal zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Hinweis:

Sämtliche Berechnungen des Sozialleistungsträgers sollten immer frühzeitig überprüft werden, um sich vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme rechtzeitig zu schützen. Ist erst einmal gezahlt worden, wird eine Rückforderung nur in den seltensten Fällen möglich sein!

Rechtsanwalt Thomas Misikowski, Fachanwalt für Familienrecht

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