Der 12. Senat des Bundesgerichtshofs beschäftigte sich erneut mit Fragestellungen rund um den Elternunterhalt. (XII ZB 26/15)
Zunächst wurde durch den BGH erneut klargestellt, dass sich der Unterhaltsbedarf des Elternteils grundsätzlich durch seine Unterbringung in einem Heim bestimmt wird und sich regelmäßig mit den dort anfallenden Kosten deckt.
Gleichwohl können die Kosten der konkreten Unterbringung nicht in voller Höhe durchsetzbar sein, wenn der Unterhaltsverpflichtete die Angemessenheit der Unterbringung bestreitet und gleichzeitig konkret aufzeigt, dass eine kostengünstigere Unterbringung möglich ist. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass ein an der früheren gehobenen Lebensstellung des Elternteils orientierter Standard der Unterbringung grundsätzlich nicht mehr angemessen im Sinne von § 1610 BGB ist. Ist nämlich ein Elternteil im Alter sozialhilfebedürftig geworden, so beschränkt sich sein danach angemessener Lebensbedarf auf das Existenzminimum und damit verbunden auf eine ihm zumutbare einfache und kostengünstige Unterbringung. Der möglicherweise bessere Lebensstandard des unterhaltsverpflichteten Kindes ist dabei völlig unerheblich.
Wird der Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten durch den Unterhaltsverpflichteten durch Aufzeichnung günstigerer Alternativen substantiiert bestritten, ob liegt es dem Unterhaltsberechtigten, im Einzelnen darzulegen, warum beispielsweise eine kostengünstigere Unterbringung in einem alternativen Heim zum Zeitpunkt der Heimaufnahme nicht möglich war oder aber die konkrete Unterbringung beispielsweise nicht dermaßen preislich abweicht, dass seine Auswahl auf das vom Unterhaltsverpflichteten benannte Heim beschränkt gewesen wäre. Entstammt das konkrete Heim nicht dem gleichen Preissegment, sind besondere Umstände vorzutragen, warum genau dieses Heim ausgewählt wurde, damit die dort entstehenden Kosten auch tatsächlich bedarfsprägend und damit durchsetzbar sind.
Weil das Oberlandesgericht den dazu erbrachten Sachvortrag nicht ausreichend gewürdigt hatte, wurde der Rechtsstreit an das OLG zurückverwiesen.
In einem weiteren Punkt hat der BGH allerdings die Entscheidung des OLG aufgehoben und für Rechtssicherheit gesorgt:
Der Ehemann der unterhaltsverpflichteten Tochter war als Berufssoldat vorzeitig pensioniert worden. Gleichwohl betrieb er weiterhin eine Altersvorsorge in Höhe von monatlich 178,00 €. Diese war bei der Berechnung der Höhe des Unterhaltsanspruchs durch das Oberlandesgericht nicht berücksichtigt worden, weil nach Auffassung des OLG eine zusätzliche Altersvorsorge nach Erreichen des auch vorzeitigen Pensionsalters nicht mehr zulässig sei.
Diese Auffassung des OLG hat der BGH allerdings nicht toleriert, weil das OLG übersehen hatte, dass der Ehemann gegenüber seinem Schwiegervater nicht unterhaltsverpflichtet ist und deshalb in der Verwendung seines Einkommens zumindest im Rahmen vernünftiger wirtschaftlicher Überlegungen frei ist. Bei den konkreten vorliegenden Einkommensverhältnissen war Fortführung der zusätzlichen Altersvorsorge deshalb nicht zu beanstanden und bei der Unterhaltsberechnung als Abzugsposition zu berücksichtigen.
Abschließend ist dem BGH noch aufgefallen, dass die Eheleute, abweichend von früherer Handhabung, nunmehr die getrennte steuerliche Veranlagung gewählt hatten. Der BGH weist darauf hin, dass hierin ein Verstoß gegen die Obliegenheit, steuerliche Vorteile in Anspruch zu nehmen, liegen könnte. Unabhängig davon sei aber gleichwohl auch bei einer fiktiven steuerlichen Veranlagung zu prüfen, in welcher Höhe der Splittingvorteil bei der Unterhaltsverpflichteten zu berücksichtigen sei.
Fazit:
Bei der Auswahl des Pflegeheimes sind durch den Sozialhilfeträger die dadurch verursachten Kosten im Blick zu behalten. Der Unterhaltsverpflichtete kann aber gegen die Höhe der Kosten Einwendungen sowieso nicht erheben, wenn er an der Auswahl des Pflegeheims konkret beteiligt war.
Der nicht unterhaltsverpflichtete Ehegatte darf im Rahmen vernünftiger wirtschaftlicher Überlegungen mit seinen Einkünften Altersvorsorge betreiben, solange er noch nicht die Regelaltersgrenze erreicht hat. Erreichbare Steuervorteile sind im Unterhaltsrecht in Anspruch zu nehmen.
Rechtsanwalt Thomas Misikowski, Fachanwalt für Familienrecht, Mitglied im Netzwerk Anwälte für Elternunterhalt