Nach einer Entscheidung des Dresdner Oberlandesgerichts vom 17.10.2012 haftet eine erwachsene Fahrradfahrerin, die innerorts auf einem schmalen Gehweg entgegen der Fahrtrichtung fährt und dabei mit einem aus einer Grundstücksausfahrt fahrenden Pkw kollidiert, allein für die entstandenen Unfallfolgen.
In dem zu Grunde liegenden Rechtsstreit hatte die Fahrradfahrerin aufgrund des Unfallereignisses von der Haftpflichtversicherung des Pkw-Fahrers Schadenersatz und Schmerzensgeld gefordert.
Das zur Entscheidung berufene Oberlandesgericht Dresden wies die Klage der Fahrradfahrerin jedoch in vollem Umfang mit der Begründung ab, dass die Klägerin (Fahrradfahrerin) mit ihrem Fahrrad als Erwachsene auf einem schmalen Gehweg innerorts in Gegenrichtung gefahren ist. Dies verstoße insbesondere gegen § 2 Abs. 1 und Abs. 5 StVO.
Nach Ansicht des Gerichts hat sie damit bewusst einen Verkehrsverstoß begangen und die hierdurch bedingte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer in Kauf genommen. Insbesondere im Hinblick darauf, dass der Fahrradfahrerin auf dem engen Gehweg die Sicht in die Grundstückseinfahrt versperrt war, hätte sie ihre Geschwindigkeit stark vermindern, die ihr von links drohenden Gefahrenquellen aufmerksam beobachten und jederzeitige Bremsbereitschaft herstellen müssen. Ein derartig schwerwiegender Verkehrsverstoß lässt den Radfahrer regelmäßig allein haften.
Ergänzend bleibt auszuführen, dass aufgrund einer Zeugenaussage für das Gericht erwiesen war, dass der Pkw-Fahrer mit Schrittgeschwindigkeit vorsichtig aus der Grundstücksausfahrt gefahren ist.
Diese Entscheidung des Dresdner Oberlandesgerichts entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung. Dadurch, dass die erwachsene Fahrradfahrerin einen engen Gehweg (ein Radweg war nicht vorhanden bzw. eingezeichnet) mit nicht angepasster Geschwindigkeit und zudem entgegen der Fahrtrichtung befahren hat, handelte die Radfahrerin grob fahrlässig und haftet somit allein.
Ein Mitverschulden des beteiligten Pkw-Fahrers war daher nicht gegeben.
Rechtsanwalt Volker Grothstück