Nachdem die Oberlandesgerichte Düsseldorf und München mit ihren Entscheidungen zum Selbstbehalt beim Elternunterhalt für einen Hoffnungsschimmer gesorgt hatten, kippt der BGH in seiner Entscheidung vom 23.10.2024 (XII ZB 6/24) nunmehr den pauschalen Ansatz eines Selbstbehaltes in Höhe von 5.000,00 €, wie er sich unter Berücksichtigung der Regelungen des Angehörigen Pflege- und Angehörigenentlastungsgesetzes ergeben könnte.
Stattdessen bringt er für die Zeit ab 2023 den Sockel-Selbstbehalt in Höhe von 2.650,00 € (wieder) ins Spiel und führt ergänzend aus, dass „ein Ausgleich zwischen den Unterhaltsinteressen des hilfebedürftigen Elternteils und dem Interesse des unterhaltspflichtigen Kindes an der Aufrechterhaltung seines berufs- und einkommenstypischen Lebensstandards nur dadurch gefunden werden kann, dass der angemessene Eigenbedarf anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse, die bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt vorliegen, zu ermitteln ist.“
Weiter wird ausgeführt:
Das setzt voraus, dass zum einen von den Einkünften des unterhaltspflichtigen Kindes die vorrangigen Unterhaltsverpflichtungen sowie die – nach den großzügigen Maßstäben des Elternunterhalts – berücksichtigungswürdigen Belastungen und vermögensbildenden Aufwendungen abgezogen werden und zum anderen dem Kind von dem auf diese Weise bereinigten Einkommen ein individuell bemessener Betrag belassen wird. Dieser Betrag setzt sich aus einem Mindestselbstbehalt und einem Bruchteil des diesen Freibetrag übersteigenden Einkommens zusammen. (Rz. 48)
Im weiteren Verlauf deutet der BGH dann an, dass beispielsweise nichts dagegen sprechen würde, wenn unter Berücksichtigung eines Sockelselbstbehaltes von 2.650 € bei einem alleinstehenden Kind das darüber hinausgehende Einkommen nicht mit 50 % als zusätzlicher Selbstbehalt erfasst wird, sondern dem unterhaltspflichtigen Kind 70 % des darüber hinausgehenden Einkommens als zusätzlicher Selbstbehalt belassen werden könnten.
Gleichzeitig weist der BGH aber auch noch einmal darauf hin, dass es unerlässlich ist, das Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes zutreffend zu ermitteln und insbesondere die zu berücksichtigenden Abzugspositionen richtig darzustellen und zu erfassen.
Hierauf ist also zukünftig besonders zu achten.
Schade, dass der BGH der einfachen Lösung eine Absage erteilt hat.
Es bleibt also dann dabei, dass die Unterhaltsansprüche unterhaltsberechtigter Eltern gegenüber den betroffenen Kindern jeweils im Einzelfall zu berechnen sind und hier insbesondere bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens Sorgfalt geboten ist. Ferner muss bei Geschwistern, die zwar weniger als 100.000,00 € brutto verdienen, aber trotzdem unterhaltsrechtlich leistungsfähig wären (Einkommen höher als 2.650,00 €) zusätzlich beachtet werden, wie diese in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen sind. Dies hat der BGH zwar deutlich gemacht, eine einfache praktikable Lösung dafür wird aber nicht aufgezeigt, sondern auf die anteilige Haftung nach Einkommens- und Vermögensverhältnissen (§ 1606 Abs. 3 BGB) verwiesen.
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Rechtsanwalt Thomas Misikowski
Fachanwalt für Familienrecht
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