Der Bundesgerichtshof (BGH) musste in einem Urteil vom 09.07.2014 (VIII ZR 376/13) über die Frage entscheiden, welche Vorschriften aus dem Mietrecht bei einem so genannten „Mischmietverhältnis“ auf den Mietvertrag anzuwenden sind.
Die Kläger waren Eigentümer eines mehrstöckigen Gebäudes und hatten in einem Mietvertrag den späteren Beklagten dieses vermietet, wobei den Mietern gestattet war, die Räume im Erdgeschoss des Gebäudes für eine Hypnosepraxis nutzen.
Im Jahre 2012 wurde das Mietverhältnis seitens der Kläger dann unter Einhaltung der für Gewerberaummietverhältnisse maßgeblichen Kündigungsfrist ohne Angabe von Kündigungsgründen gekündigt.
Die Beklagten haben der Kündigung widersprochen und die Mieträume nicht geräumt.
Die daraufhin erhobene Räumungsklage hat das Landgericht Berlin als unzulässig abgewiesen, weil nach Auffassung des Landgerichts Berlin das Amtsgericht zuständig gewesen wäre, da es sich um ein Wohnraummietverhältnis gehandelt habe.
Auf die Berufung hat das Kammergericht Berlin der Räumungsklage jedoch stattgegeben und ausgeurteilt, dass es sich vorliegend um ein Mischmietverhältnis handele und demgemäß die Vorschriften anzuwenden seien, aus denen sich der Schwerpunkt des Mietverhältnisses ergebe. Da die Räume im Erdgeschoss gewerblich genutzt würden und die Beklagten daraus ihren Lebensunterhalt bestreiten, sei davon auszugehen, dass dieser Teil des Mietverhältnisses maßgeblich sei, so dass auf das Mietverhältnis insgesamt Gewerberaummietrecht anzuwenden sei.
Für die Kündigung von Gewerberäumen bedarf es aber keines Kündigungsgrundes, anders als bei Wohnraummietverhältnissen. Demgemäß war die klägerseits ausgesprochene Kündigung nach Auffassung des Landgerichts begründet und wurde der Räumungsklage stattgegeben.
Die Beklagten legten gegen dieses Urteil Revision zum Bundesgerichtshof ein. Der BGH stellte nunmehr fest, dass das Kammergericht zwar grundsätzlich zu Recht davon ausgegangen sei, dass es sich um ein so genanntes Mischmietverhältnis handelt. Es könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass allein wegen des Umstandes, dass in den Räumen im Erdgeschoss der Lebensunterhalt verdient werde, sich daraus ein Schwerpunkt im Gewerberaummietrecht ergebe. Dies sei insbesondere wegen des Stellenwertes des Wohnens in der heutigen Gesellschaft und der Bedeutung der Wohnung als grundrechtlich geschütztem Ort nicht zu rechtfertigen.
Es seien vielmehr sämtliche auslegungsrelevanten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, etwa die Verwendung des Vertragsformulars, das Verhältnis der Nutzungsflächen und sonstige Dinge.
Soweit allerdings ein überwiegender Schwerpunkt des Mietverhältnisses auch aus diesen Auslegungskriterien nicht festzustellen sei, sind die wohnraummietrechtlichen Vorschriften anzuwenden, da ansonsten der besondere Wohnraummietschutz des Gesetzes unterlaufen würde.
Im zu prüfenden Fall konnte der vorherrschende Zweck des Mietvertrages nicht aus dem Verhältnis von Wohnfläche etc. hergeleitet werden.
Der BGH kam dann jedoch zu der Auffassung, dass wegen der Verwendung eines Vertragsformulars für Wohnraummietverhältnisse, der für Gewerberaummietverhältnisse untypischen unbestimmten Vertragslaufzeit und einer fehlenden Vereinbarung der Umsatzsteuer von einem Wohnraummietverhältnis auszugehen sei.
Demgemäß wurde die Räumungsklage letztinstanzlich als unbegründet abgewiesen.
Nachlässigkeiten bei der Gestaltung des Mietvertrages oder der Verwendung des entsprechenden Formulars können sich im Nachhinein schnell als „klassisches Eigentor“ erweisen.
Eine vernünftige rechtliche Beratung vor Abschluss des Mietvertrages kann deshalb kostspielige Fehler und Folgen vermeiden.
Thomas Misikowski
Rechtsanwalt