Schadensersatz vom Eigentümer bei Nichtbeachtung des Wohnungsrechts?

Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung geklärt, ob der Eigentümer für die Eigennutzung einer Wohnung, die mit einem Wohnungsrecht zugunsten eines Dritten belastet ist, Schadensersatz in Form einer Nutzungsentschädigung zahlen muss. (BGH V ZR 168/21)

Dieser Frage lag der Fall zugrunde, dass eine Mutter ihrem Sohn ein Mehrfamilienhaus (schenkweise) übertragen und sich gleichzeitig ein Wohnungsrecht zur ausschließlichen Nutzung einer Wohnung im Untergeschoss – gemeinsam mit ihrer Tochter, der Schwester des Beschenkten – einräumen ließ. Das entsprechende Wohnrecht wurde auch im Grundbuch eingetragen, die Wohnung wurde jedoch weder von der Schwester noch von der Mutter jemals zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

Der beschenkte Sohn vermietete die Wohnung eine Zeit lang an Dritte, zog dann selbst in die Wohnung ein und nutzte sie jahrelang.

Die Eigennutzung begann im Jahr 2011. Im Herbst 2019 widersprach die Schwester dieser Eigennutzung und forderte den Bruder auf, die Wohnung zu räumen. Alternativ bot sie ihm an, dass er die Wohnung weiter nutzen könne, dann aber eine monatliche Nutzungsentschädigung im Sinne einer Miete an sie zahlen müsse. Mitte Mai 2020 zog der beschenkte Sohn aus der Wohnung aus, die seitdem leer steht.

Die Schwester verfolgte daraufhin ihren Zahlungsanspruch für die Zeit der Nutzung in Höhe von rund 26.000 € gerichtlich. Während ihr das Landgericht in 1. Instanz noch teilweise Recht gab, lehnten sowohl das OLG als auch nunmehr der BGH die Ansprüche auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung vollständig ab.

Steht – wie hier – ausschließlich ein Wohnungsrecht zur Eigennutzung in Rede, wird dem Wohnungsberechtigten, der die Wohnung nicht selbst nutzt, kein ausgleichspflichtiges Recht entzogen. Denn der Wohnungsberechtigte hat im Gegensatz zum Nießbraucher keinen Anspruch auf Gestattung der (Fremd-)Vermietung. Dementsprechend steht dem Wohnungsberechtigten auch kein Ausgleichsanspruch zu. Schadensersatzansprüche könnten sich nur dann ergeben, wenn der Wohnungsberechtigte die Wohnung ernsthaft selbst nutzen will und dies nicht kann, weil der Eigentümer die Wohnung selbst nutzt. Auch wenn der beschenkte Eigentümer die Wohnung fremdvermietet, steht die erzielte Miete nicht dem Wohnungsberechtigten zu.

Zu beachten ist aber, dass der Wohnungsberechtigte im Zweifel die Beendigung des Mietverhältnisses und die Räumung verlangen könnte. (Dies wiederum könnte zu Schadensersatzansprüchen des Mieters gegen den Vermieter führen!)

Über den hier entschiedenen Sachverhalt hinaus ist die Entscheidung des BGH aber vor allem in den Fällen von Interesse, in denen Eltern ihren Kindern eine Immobilie übertragen und sich dabei ein Wohnungsrecht im Sinne des § 1093 BGB vorbehalten haben. Wenn der Elternteil dann die Wohnung nicht mehr nutzen kann und in einem Pflegeheim untergebracht werden muss, dort aber die Kosten nicht vollständig allein tragen kann, verlangen die Sozialämter häufig, dass die dem Wohnrecht unterliegende Wohnung fremdvermietet wird oder für den Fall, dass der Eigentümer – das beschenkte Kind – die Wohnung selbst nutzt, eine Nutzungsentschädigung zu zahlen ist.

Beides ist aber nicht zutreffend!

Daraus wird man auch ableiten können, dass für den Fall, dass absehbar ist, dass eine Eigennutzung des Wohnungsrechts durch den Berechtigten nicht mehr möglich ist, eine Löschung des Wohnungsrechts im Grundbuch wohl durchsetzbar sein könnte.
Wichtig ist auch, dass das Wohnrecht nicht automatisch erlischt, nur weil der Berechtigte es nicht mehr selbst nutzen kann, es sei denn, dies wurde im Übergabevertrag ausdrücklich geregelt. Leider wird dies häufig übersehen und nur geregelt, dass das Wohnungsrecht im Falle des Todes des Berechtigten gelöscht kann.

Es ist aber immer im Einzelfall zu prüfen, welche Regelungen bezüglich des Wohnungsrechts im Einzelnen im Übergabe- und Bestellungsvertrag getroffen wurden. Ist die Gestattung der Überlassung an Dritte nicht ausdrücklich vertraglich geregelt, gilt, dass das Wohnungsrecht höchstpersönlich ist und nur vom Berechtigten selbst genutzt werden kann.

Entsprechende Forderungen des Sozialamtes sollten daher in jedem Fall sorgfältig geprüft werden.

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