Abänderung von Krankheitsunterhaltstiteln nach altem Recht

Der Bundesgerichtshof hatte sich in einer nunmehr verkündeten Entscheidung vom 19.06.2013 mit der Frage der Begrenzung eines vor der Unterhaltsreform titulierten Anspruchs auf Krankheitsunterhalt zu befassen.

Die Ausgangslage:

Die Eheleute hatten 1981 in der damaligen Tschechoslowakei die Ehe miteinander geschlossen. 1985 siedelten sie nach Deutschland über, dort erfolgte 1999 die Trennung und im Jahre 2001 die Ehescheidung der kinderlos gebliebenen Ehe. Der Ehemann heiratete 2002 neu, aus dieser Ehe sind zwei gemeinsame, minderjährige Kinder hervorgegangen. Er wurde mit Urteil des Amtsgerichts zur Zahlung eines nachehelichen Unterhalts an seine geschiedene Ehefrau in Höhe von monatlich – umgerechnet – 830,63 € verurteilt.

Diese Verurteilung beruhte auf dem Umstand, dass die geschiedene Ehefrau 1993 an MS erkrankte und seit 1995 ihre Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von aktuell 952,00 € monatlich bezog. Da die Erkrankung der geschiedene Ehefrau während der Ehe erfolgte, war nach altem Unterhaltsrecht deswegen Unterhalt für die geschiedene Ehefrau geschuldet.

Mit seiner Abänderungsklage begehrt der geschiedene Ehemann nunmehr den Wegfall des nachehelichen Unterhalts mit Wirkung zum 01.07.2010. Das eine Amtsgericht gab dem teilweise statt, das Oberlandesgericht änderte die Ausgangsentscheidung dahingehend ab, dass der geschiedene Ehegatte noch einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 400,00 €, befristet bis zum 31.12.2011 zu zahlen habe und der Unterhaltsanspruch dann wegfalle.

Gegen diese Entscheidung des Oberlandesgerichtes legte die Ehefrau Rechtsbeschwerde ein, über die der zu BGH entscheiden hatte.

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof bestätigte zunächst die Auffassung des Oberlandesgerichtes, dass die geschiedene Ehefrau keine ehebedingten Nachteile erlitten habe. Die Auffassung der Ehefrau, die Trennungssituation habe die Entstehung der Erkrankung begünstigt und intensiviert, sei darüber hinaus nicht als durch die Ehe entstandene Erkrankung zu werten. Der BGH führte dazu aus, dass der Senat bereits mehrfach ausgesprochen habe, dass eine psychische Erkrankung selbst dann, wenn sie durch eine Ehekrise ausgelöst worden ist, für sich genommen keinen ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 b Absatz 1 S. 2 BGB begründen könne. Selbst die Annahme einer Mitverantwortlichkeit soll insoweit äußerst vorsichtig erwägt werden, denn im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578 b Abs. 1 BGB darf generell keine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens statt finden.

Soweit beimKrankheitsunterhalt nach § 1572 BGB keine ehebedingten Ursachen vorliegen, könne ein ehebedingter Nachteil denkbar sein, soweit ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall seiner krankheitsbedingten Erwerbsminderung habe vorsorgen können. Dies wäre aber in aller Regel über den Ausgleich der wechselseitigen Rentenanwartschaften im Rahmen des Versorgungsausgleichs berücksichtigt. Da § 1578 b BGB aber nicht nur ehebedingte Nachteile, sondern die nacheheliche Solidarität berücksichtige, sei eine gänzliche Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Es sei eine umfassende Billigkeitsabwägung durchzuführen.

Der BGH bestätigt dann weiter die Auffassung des Oberlandesgerichtes, dass die lange Ehedauer von rund 20 Jahren es nicht allein rechtfertige, aus Billigkeitsgründen von einer Begrenzung des Unterhalts abzusehen. Auch die Neuregelung, die am 1. März 2013 in Kraft getreten sei, habe insoweit keine grundlegenden Änderungen mit sich gebracht.

Die umfassende Würdigung aller Umstände habe allerdings auch zu berücksichtigen, inwieweit der unterhaltspflichtige Ehegatte seinen beruflichen Aufstieg und sein heute erzieltes Einkommen der geschiedenen Ehe mit der Unterhaltsberechtigten zu verdanken habe. Hier vertrat der Bundesgerichtshof die Auffassung, das Oberlandesgericht einen wesentlichen Gesichtspunkt übersehen haben könnte, nämlich das der geschiedene Ehemann seine Übersiedlung nach Deutschland allein der Ehe mit der geschiedenen Ehefrau verdanke und allein daraus die wirtschaftlich ausgesprochen gute Karriere des geschiedenen Ehemannes ermöglicht worden sei.

Vor dem Hintergrund, dass die geschiedene Ehefrau auch angegeben habe, sie benötige monatlich 180,00 € für Medikamente, so dass der Restbetrag des ihr zur Verfügung stehenden Einkommens kaum ausreiche, um den Wohn- und sonstigen Bedarf abzudecken, auf der anderen Seite der geschiedene Ehemann durch die Unterhaltszahlung aber aufgrund seiner überdurchschnittlich günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse selbst unter Berücksichtigung der weiteren Unterhaltspflichten gegenüber der zweiten Ehefrau und die minderjährigen Kinder nicht übermäßig belastet werde, sei in die Prüfung einzubeziehen, dass bei vollständiger Würdigung aller maßgeblichen Aspekte ein weiterer Unterhaltsanspruch, gegebenenfalls deutlich herabgesetzt, für einen längeren Zeitraum noch zuzusprechen sei. Deshalb ist der Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zur erneuten Prüfung zurückverwiesen worden.

Rechtsanwalt Thomas Misikowski, Fachanwalt für Familienrecht

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